Ein Interview mit Frau Klein, der Entwicklerin der SRP-Therapie®

IRONMAN70.3 Duisburg 2022 Aufnahme: Ingo Kutsche

Guten Tag Frau Klein, was kann man sich denn unter diesem Namen SRP-Therapie® vorstellen?

Ausgeschrieben ist es die sympathische Reflexpunkt-Therapie. Der Name bezieht sich darauf, dass ganz bestimmte und wiederkehrende Bereiche im Körper durch Reflexantworten des Sympathicus Schmerzen und Probleme aufweisen. Wenn diese richtig behandelt werden, kann der Körper zur Ruhe kommen und der Stresslevel im Körper wird reduziert. Neben verschiedenen Handgriffen gehören auch andere Aspekte in der Therapie dazu, die sich im Verlauf der Beobachtungen bei der Entwicklung, als effektiv herausgestellt haben. Die Therapie greift ebenso, wie die Entstehung, auf Reflexbögen zurück, so dass eine schnelle Überprüfung der Griffe und deren Effektivität gewährleistet ist.

Das Entscheidende ist, dass der ganze Körper in der Therapie beachtet wird. Wir schauen nicht isoliert auf das Problem, sondern wir schauen auf viele Zusammenhänge des Körpers.

Wie kamen Sie auf diese Therapie?

Man steht ja nicht morgens auf und sagt sich “ich entwickle eine Therapie“.

Eigentlich war eine Frage im Jahr 2009 ausschlaggebend. Eine Patientin wollte wissen, ob ihr Freund mit 25 jeden Tag drei Herzinfarkte hat, wenn er sich nach vorne beugt. Das erschien mir dann doch etwas komisch. Daraufhin bin ich dann im Anatomiebuch auf die Suche gegangen. Da ich selber an den Stellen, die sich im Bereich der Schulterblätter befinden, immer wieder Probleme hatte, konnte ich auch die Stelle gut lokalisieren. Leider hatte ich keine Struktur im Körper gefunden, die diese Problematik erklärte.

Und wie ging es weiter? Das war ja 2009, also vor längerer Zeit. Warum hat es solange gedauert?

Meine Neugierde war zwar geweckt und ebenso mein Ehrgeiz, worauf ich mir zwei Medizinbücher gekauft habe, die auch Medizinstudenten für ihr Studium brauchen und habe erst mal Grundlagen gelernt. Aus einem dreizeiligen Satz hatte ich immerhin das Wort ‚und’ verstanden. Es war sehr mühsam. Und aufgrund der Komplexität hat es doch bis zu diesem Status viel Arbeit und Zeit gekostet.

Das stelle ich mir tatsächlich in der Tat sehr schwierig vor. Hatten Sie denn dann Hilfe?

Nicht wirklich. Ich besuchte zwar Kongresse und Symposien, die mir dann Anstöße gaben, die ich weiterverfolgen konnte, aber gezielte Antworten auf meine Fragen blieben aus. Dann gab es ein neues Forschungsfeld im Bereich neurogener Entzündungen. Diese Ansätze und Erklärungen waren sehr hilfreich und haben viele Probleme erklärt. Am hilfreichsten jedoch waren meine Patienten. Mit und an ihnen konnte ich die kompletten Zusammenhänge erarbeiten.

Aber die haben medizinisch ja gar keine Ahnung. Wie konnten sie dann helfen?

Ich bin mit dem Anatomiebuch in die Praxis runter und habe immer wieder gefragt, wo die Schmerzen genau langlaufen. Dann haben wir zusammen geschaut, welcher Nerv oder welches Gewebe es sein könnte. Somit haben wir zusammen immer wieder Nerven ausgeschlossen und andere bestätigt. Das konnte ich dann an neuen Patienten wieder anwenden und habe da die Nerven, die in Betracht kamen abgefragt, bzw. gedrückt, um zu sehen, ob die Schmerzen bei allen an den gleichen Orten zu finden sind.

Sie haben also wirklich das Ganze praktisch erarbeitet. Und wie ging es dann weiter. Sie haben vorhin gesagt, dass der ganze Körper beachtet werden muss. Wie kamen Sie darauf, wie alles zusammenhängt?

Das war das eigentliche Problem. Ich suchte nach einem Bindeglied zwischen den Nerven und dem ganzen System. Aber etwas erfinden kam ja auch nicht in Frage. Eines abends sah ich eine Dokumentation über eine Schildkröte, die ihr Nest baute. Innerhalb von Sekunden sah ich anhand der Bewegungen von ihr, das ist der Weg, auf dem ich weiter suchen muss. Ich habe dann Bücher über die Genese, Entwicklung des Menschen und der Tiere und Bücher über die vergleichende Anatomie geholt und studiert. Die gesamten Zusammenhänge die sich daraus ergaben erklärten dann, was ich vorher mit den Patienten herausgefunden und beobachtet hatte. Das war eine sehr spannende Zeit.

Beruht Ihre Therapie also nur auf alten Erkenntnissen? Ist das nicht gefährlich?

Das Gute dabei ist, der Weg war da nicht zu Ende. Über einen Zugang im Internet konnte ich zu den Themen, die ich erarbeitet hatte, aktuelle Studien durchgehen. Und dort wurden dann wiederum die Beobachtungen und zum Teil die alten Erkenntnisse mit engeren und weitläufigeren Zusammenhängen bestätigt.

Auch wenn ich gelesen hatte, dass es dort in einem Punkt unterschiedliche Ansichten gibt/ gab, habe ich alles nochmal überprüft. In der Praxis an den Patienten war jedes Mal auch überprüfen der Theorie angesagt. Zumal es so kompliziert war, dass ich nach zwei Wochen Pause die Gedankenschleifen neu lernen musste und damit auch wieder alles überprüft hatte.

Das Schöne ist wirklich, dass sich altes und neues Wissen die Hand reichen.

Sie sagen, die Therapie hängt mit dem Sympathicus zusammen. Wie kamen Sie auf diese Entdeckung oder zu der Meinung?

Ich betreue seid 2002 einen Wettkampf auf der Langdistanz im Triathlon (IRONMAN). Dort liegen die Sportler sehr müde von dem Tag auf der Bank und dort fand ich, laienhaft ausgedrückt, Muskelverspannungen an Stellen, die locker sein sollten. Oder sie waren nur einseitig und gingen durch Massage nicht weg. Was ich damals feststellte, kann ich heute mit den Daten, aktuellen Studien und Zusammenhängen erklären. Da hat sich dann gezeigt, dass das sympathische Nervensystem für die Stabilität der Gelenke sehr wichtig ist.

Um alles zu verstehen ist die Genese und eine genaue Betrachtung der Nervenevolution wichtig und damit möchte ich keinen Belasten.

Hinzu kommt die Tatsache, wenn ich jemanden an der richtigen Stelle behandle, entspannt sich der Körper so, dass die Leute Mühe haben wach zu bleiben. Es kommt reflexartig zu einer kompletten Entspannung des gesamten Körpers und der Strukturen.

Da der Sympathicus für das Wachbleiben zuständig ist, gab es da die nächste Schleife, die Sinn macht. Ich habe immer die Beobachtungen genommen und geschaut, macht die Erklärung Sinn.

Das hört sich alles logisch an. Ist es denn auch so einfach?

Naja, wenn man es erst mal verstanden hat, ist es schon einfach. Das ganze Problem ist, dass durch die Verknüpfungen im ganzen Körper, die eigentliche Ursache für das Problem sehr weit weg vom Geschehen liegen kann. Wenn man die eigentliche Ursache behandelt, lösen sich nach den Beobachtungen alle anderen Probleme auf. Problem an der Sache, genau das zu finden kann manchmal sehr lange dauern und Geduld brauchen. Aber auch hier gilt, wir können nicht alles verbessern.

Wieso ist es wichtig weit weg vom Geschehen zu schauen und welche Beeinträchtigungen kann es durch das aktive System geben?

Das hängt beides zusammen.

Ich versuche es mal einfach: Man kann sich unser Nervensystem als Zug vorstellen, wenn dauerhaft die gleichen Personen, die Reize aus dem sympathischen Nervensystem, den Zug nahezu komplett belegen, bleibt für die Gelegenheitsfahrer, Reize aus dem bewussten Nervensystem, kein Platz mehr. Die bleiben dann mit ihrer Aufgabe auf dem Bahnsteig stehen und kommen nicht an das Ziel.

Das heißt, die Reize für ein Ausstrecken des Armes kommen nicht konstant an und es kommt zu Koordinationsstörungen bei der Bewegung. Durch das Zusammenhängen des Nervensystems ist es egal, von wo die Reize kommen. Wichtig ist nur, dass sie da sind und den Zug blockieren, da das sympathische Nervensystem wichtig für das Überleben ist, hat es immer Vorrang.

Damit ist auch gleich das Ziel klar. Es geht darum die Reize des autonomen Nervensystems, zu dem der Sympathicus gehört, zu senken und mehr Platz für die anderen Reize im Zug zu bekommen.

Sind Sie mit der Entwicklung fertig?

Klares: Nein. Es gibt immer wieder neue Zusammenhänge und Aspekte, die sich damit erklären lassen. Die Entwicklung, in wieweit die Therapie unterstützen kann und auch die Zusammenhänge noch lange nicht fertig sind. Dazu brauch ich noch eine Studie, um die Therapie auf die Wirksamkeit stichfest darzulegen. Im Augenblick sind die Patienten nur begeistert und es geht ihnen besser. Jedoch wurde dies nicht schriftlich festgehalten. Aus diesem Grund läuft mit Kollegen/innen gerade eine Studie bei austherapierten Patienten und Patientinnen. Ob diese Studie dann ausreicht, ist fraglich. Viele Ansätze zur Überprüfung der Therapie sind nicht ganz einfach, da wir über den Sympathicus sprechen, der auch durch Streicheleinheiten erstmal verbessert werden kann. Deshalb ist es wichtig Leute zu finden, die verschiedene Therapien hinter sich haben und man dann vergleichen kann, wie nachhaltig diese Therapie ist. Die Evidenzbasierung, wie es im medizinischen Bereich genannt wird, ist und bleibt auch hier ein großes Thema und Problem. Viel Evidenz basiert hier auf den schriftlich niedergeschriebenen Zusammenhängen des Nervensystems.

Vielen Dank für das Gespräch.

Danke Ihnen